Offener Brief: Wir fordern Aufklärung und Konsequenzen zum rassistischen und rechtsextremen Brandanschlag am 25. März 2024 in Solingen

Im Prozess um den Brandanschlag am 25. März 2024, bei dem die Familie Zhilovi ermordet wurde, werden immer mehr gravierende Details bekannt, die sowohl das Versagen der Ermittlungsbehörden bei der Klärung der Tathintergründe belegen als auch eine bewusste Vertuschung der rechtsextremen Motive des Täters nahelegen. Wir unterstützen die Strafanzeige der Nebenklagevertreterin Seda Başay-Yıldız gegen den Wuppertaler Polizeipräsidenten Markus Röhrl und einzelne Polizist*innen des Staatschutzes. Sie haben Beweismittel zurückgehalten, die auf die rechtextreme Gesinnung des Täters hinweisen.

Darüber hinaus fordern wir: Die Abberufung der Oberstaatsanwaltschaft sowie den Rücktritt des Polizeipräsidenten wegen des Ermittlungsversagens und der gefährlichen Irreführung der Öffentlichkeit. Obwohl einen Tag zuvor dutzende Bücher wie Hitlers „Mein Kampf“ und weitere nationalsozialistische Propaganda im Haus des Täters gefunden worden waren, sagte Polizeipräsident Röhrl am 10. April 2024 in einer Pressekonferenz, es gäbe keine Hinweise auf politische Motive des Täters. Die Fotos der im Wohnhaus gefundenen NS-Materialien wurden im Gegensatz zu unpolitischen Beweismitteln bis heute zurückgehalten und nicht in die Ermittlungsakten aufgenommen.

Auch die Google-Accounts des Täters mit Suchanfragen wie „Mord Straftat“ zwei Tage vor dem Brandanschlag sowie Youtube-Verläufe mit Nazi-Songs und Wehrmachtsliedern wurden auch ein Jahr nach den Morden nicht datenforensisch untersucht. Das Versagen und Vertuschen der Ermittlungsbehörden ist nicht nur ein weiterer Schlag ins Gesicht aller Überlebenden rechter Gewalt, sondern auch eine Gefährdung unser aller öffentlicher Sicherheit.

Wir fordern: Die lückenlose Aufklärung der rechtsextremen Gesinnung und Motive des Täters sowie seiner Partnerin und seines Umkreises! Wie kann es sein, dass ein Jahr lang behauptet wurde, seine Partnerin sei links und Daniel S. kein Nazi? Dabei befand sich in der gemeinsamen Garage des Paares ein Poster mit dem seit 1992 in der rechtsextremen Szene geteilten strafbaren „Lied eines Asylbewerbers“ – neben Benzinkanistern und Brandbeschleuniger.

Und wir fordern: Eine öffentliche Entschuldigung der Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsbehörden bei den betroffenen Familien, die teilweise aus Bulgarien angereist sind, um vor einem deutschen Gericht erleben zu müssen, dass der rassistische Hass des Täters keine Rolle für deutsche Behörden spielt und dass vielmehr eine verlässliche Aufklärung verschleppt und sabotiert wird. Dieser Umgang mit Familienangehörigen und Überlebenden beschämt uns zutiefst. Als antifaschistische und antirassistische Zivilgesellschaft können wir nicht zulassen, dass der Rechtsstaat erneut nach den NSU-Morden für die Vertuschung rechtsextremer Morde missbraucht wird.

Wie geht es weiter?

Wir müssen an der Seite der Betroffenen stehen und eine kritische Öffentlichkeit schaffen. Unterzeichnet den Offenen Brief und begleitet den Prozess vor Ort! Aktuelle Informationen zum Prozess findet ihr auch auf der Webseite der Initiative ADALET SOLINGEN.

Die nächsten Verhandlungstermine am Landgericht Wuppertal:

  • Montag, den 12. Mai um 9:15 Uhr


Dieser Offene Brief wurde bislang unterzeichnet von:

  • Bündnis „Wuppertal stellt sich quer“ sowie
  • DIDF – Föderation demokratischer Arbeitervereine Wuppertal
  • Kurdischer Frauenverein VIYAN e.V.
  • Deutsch-Kurdischer Freundschaftsverein Wuppertal e.V.
  • Aufstehen gegen Rassismus Bergisches Land
  • NYOMDA – solidarische Druckwerkstatt
  • With Wings and Roots e.V.
  • Tacheles e.V.
  • Seebrücke Wuppertal
  • Solidarisch im Kollaps-Kollektiv Wuppertal
  • Initiative N-Wort Stoppen Wuppertal
  • Studis gegen Rechts Wuppertal
  • VVN-BdA Solingen
  • Widerstands-Kollektiv Wuppertal
  • Widersetzen Bergisches Land
  • Solinger Appell
  • Women Life Freedom Wuppertal
  • PEGAH e.V, Wuppertal
  • Haydi Komm – Brücken bauen, Leben verändern, Köln
  • Initiative Keupstrasse ist überall, Köln
  • Autonomes BIPoC-Referat der Uni Wuppertal
  • Autonomes Zentrum Wuppertal
  • BIPoC Voices Solingen
  • Stolipinovo in Europa, Duisburg
  • Bündnis gegen Rechts Darmstadt
  • Internationaler Kultur- und Sportverein der Roma – Carmen e.V., Düsseldorf
  • Antifa Wuppertal
  • Schwelm für Rechtsstaat und Demokratie
  • OMAS GEGEN RECHTS Koblenz
  • SDAJ Wuppertal-Solingen
  • Fridays for Future Wuppertal
  • QueerBulGAYrians, Köln
  • Initiative 29. Mai 1993 – Brandanschlag Solingen
  • Die Linke Kreisverband Solingen
  • Die Linke Kreisverband Wuppertal
  • OMAS GEGEN RECHTS Köln
  • Linksjugend [‘solid] Solingen
  • OMAS GEGEN RECHTS Brühl (Rheinland)
  • NSU Watch NRW
  • Brandanschlag Duisburg 1984 – Niemals Vergessen
  • Initiative Amed Ahmad
  • Zentrum für Kultur Hochfeld, Duisburg
  • Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş
  • OMAS GEGEN RECHTS Höxter
  • Rom e.V. – Roma-Selbstorganisation für Teilhabe, Bildung und Kultur, Köln

Pressemitteilung: Dank an alle Mitwirkenden und Teilnehmer*innen der Demonstration „Nie wieder ist jetzt“ und Bekanntmachung rechtsextremer Angriffe

„Wir sind überwältigt: 13.000 Menschen haben am Samstag vor Ort und via Instragram-Live-Stream gezeigt, dass sie mit der rassistischen und menschenverachtenden Politik der AfD, aber auch mittlerweile der CDU/CSU, BSW und FDP, nicht einverstanden sind. Wir möchten uns für den enormen Zuspruch und das großartige Engagement so vieler Teilnehmer*innen bedanken, die sich mit kreativen Ideen auf ganz unterschiedliche Art und Weise eingebracht haben. Wir sind die Brandmauer und wir tragen Sorge für ein solidarisches und gutes Leben für alle Menschen in unserer Gesellschaft!“ – so eine Sprecherin von Wuppertal stellt sich quer.

Das Bündnis berichtet aber auch, dass das, wovor ständig gewarnt wird, an vielen Stellen bereits Realität ist: Wie schon vor anderen WSSQ-Aktionen bekam das Bündnis auch dieses Mal wieder Hassmails von Rechten. Zudem wurden auf dem Heimweg von der Demo Menschen an der Schwebebahnhaltestelle Kluse von einer Gruppe jugendlicher Neonazis angegriffen. Die Gruppe hatte bereits während der Demonstration Teilnehmer*innen mit Regenbogenflagge verfolgt und versucht, diese abzureißen.

„Alleine in den letzten Tagen sowie am Samstag erreichten uns mehrere Berichte von Menschen, die von ihren Nachbarn rassistisch bedroht werden und dabei weitestgehend auf sich allein gestellt sind. Ein Angriff macht uns besonders betroffen, von dem uns eine Gruppe von sehbehinderten und blinden Menschen berichtete. Aus ihrem Netzwerk wurde vor Kurzem eine vollblinde Person von einem Rechtsextremen bedroht. Dieser sprach die Person auf einer Rolltreppe freundlich an und sagte ihr dann über sie gebeugt ins Ohr: „Wenn wir erstmal an der Macht sind, dann seid ihr Gesocks endlich und auf Ewig vom Erdboden verschwunden“. Die betroffene Person war in der Situation vollkommen alleine. Diese angsteinflößende Erfahrung teilt sie mit dem Appell, sich als Menschen mit Behinderungen gemeinsam zu widersetzen und auf lebensbedrohliche Angriffe vorbereiten zu müssen, wenn die AfD und die extreme Rechte weiter an Macht und Einfluss gewinnen.“ – so die Sprecherin des Bündnisses weiter.

Das Bündnis Wuppertal stellt sich quer teilt diese Aufforderung und fordert alle dazu auf, wachsam im Alltag zu sein und unmittelbar Betroffenen Unterstützung anzubieten, Fälle rechter Gewalt und Bedrohung bei der Opferberatung Rheinland zu melden und an diese zu spenden, da deren Arbeit durch diverse Sparmaßnahmen immer prekärer wird. Das Bündnis fordert alle Wuppertaler*innen dazu auf, sich einzumischen und nicht wegzuschauen, füreinander Sorge zu tragen und sich in lokalen Gruppen und Initiativen zu engagieren.

Pressemitteilung: Wichtige Aktualisierung zur Demo „Nie wieder ist jetzt – Demokratie und Menschenwürde sind nicht verhandelbar!“

Das Bündnis „Wuppertal stellt sich quer!“ und die „Omas gegen rechts Wuppertal“ rechnen nach den überragenden Reaktionen auf die Ankündigung der Demo am 08.02. und den Bildern aus anderen Städten mit viel mehr Teilnehmenden, als geplant.
Deshalb wurde der Ort für die Auftaktkundgebung der Demo „Nie wieder ist jetzt – Demokratie und Menschenwürde sind nicht verhandelbar“ auf den

Vorplatz des Pina-Bausch-Zentrums / Schausspielhaus (Kluse)

verlegt. Beginn der Veranstaltung: Samstag, 8. Februar, 13 Uhr.

Pressemitteilung: Offener Brief des Bündnisses „Wuppertal stellt sich quer“ an Thomas Haldenwang

Sehr geehrter Herr Haldenwang,

als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz haben Sie sich sehr engagiert gegen die AfD geäußert:

“Umso wichtiger ist es, dass wir eben über diese Partei (AfD) und ihre Bestrebungen aufklären. Über das, was die Gefahr dieser Partei für unsere Demokratie, für unsere freiheitliche Grundordnung ausmacht. Und natürlich soll das auch die gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren, sich diesem Trend stärker entgegenzustellen. Denn nicht allein der Verfassungsschutz ist dafür zuständig, die Umfragewerte der AfD zu senken. Dazu haben wir keinerlei Möglichkeiten. Aber wir können die Bevölkerung wachrütteln, wir können Politiker wachrütteln und der Kampf für unsere Demokratie muss in die Gesamtgesellschaft geführt werden.”  *

Von daher verärgern uns Ihre jetzigen Aussagen rund um das gemeinsame Abstimmen mit der AfD sehr!

Wir als Zivilgesellschaft stellen uns schützend vor unsere Demokratie und sagen Ihnen ganz deutlich: Man stimmt weder zusammen mit Faschist*innen, noch verlässt man sich auf ihre Stimmen, um Mehrheiten zu erreichen. Niemals! Auch nicht, und erst recht nicht, um undurchdachte Ideen zur Migration durchzusetzen! 

Ihr Kanzlerkandidat Friedrich Merz behauptete 2018, als er für den Parteivorsitz kandidierte, er würde den Stimmenanteil der AfD halbieren. Danach wiederholte er immer wieder, wie stabil die Brandmauer zur AfD sei. Jetzt bringt er sehenden Auges Anträge in den Bundestag ein, bei denen klar ist, dass die AfD zustimmen wird – weil Hetze gegen Migrant*innen und mehr Abschiebungen eben genau ihre Politik sind. Das alles nützt nur der AfD, das sollten Sie wissen. 

Diese Pläne, die Ihnen so wichtig sind, beinhalten Vorschläge, die von vielen Expert*innen als nicht vereinbar mit Grundgesetz und mit europäischem Recht gesehen werden. Sie liefern sich einen Wettlauf mit der AfD, wer noch härter gegen Menschen mit internationaler Familiengeschichte vorgehen kann, und verunsichern damit Millionen hier friedlich lebender Menschen. Das alles verhindert auch keine schlimmen Vorfälle wie den in Aschaffenburg. Um da wirklich etwas zu erreichen, wäre ein verbesserter Zugang zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung für alle Menschen – und eben auch für traumatisierte Migrant*innen mit psychischen Erkrankungen – wahrscheinlich sehr viel wirksamer.

Herr Haldenwang, Ihre Äußerungen zu den Vorgängen zeigen, dass Sie Friedrich Merz auf seinem Irrweg folgen. Mit Ihrer großen Expertise zur AfD müssten Sie es doch eigentlich besser wissen. Bitte besinnen Sie sich auf Ihr Wissen um die Gefahr, die durch diese Partei ausgeht und handeln Sie entsprechend.

* Quelle: www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/extremismus-haldenwang-herausforderungen-104.html