Sehr geehrter Herr Haldenwang,
als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz haben Sie sich sehr engagiert gegen die AfD geäußert:
“Umso wichtiger ist es, dass wir eben über diese Partei (AfD) und ihre Bestrebungen aufklären. Über das, was die Gefahr dieser Partei für unsere Demokratie, für unsere freiheitliche Grundordnung ausmacht. Und natürlich soll das auch die gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren, sich diesem Trend stärker entgegenzustellen. Denn nicht allein der Verfassungsschutz ist dafür zuständig, die Umfragewerte der AfD zu senken. Dazu haben wir keinerlei Möglichkeiten. Aber wir können die Bevölkerung wachrütteln, wir können Politiker wachrütteln und der Kampf für unsere Demokratie muss in die Gesamtgesellschaft geführt werden.” *
Von daher verärgern uns Ihre jetzigen Aussagen rund um das gemeinsame Abstimmen mit der AfD sehr!
Wir als Zivilgesellschaft stellen uns schützend vor unsere Demokratie und sagen Ihnen ganz deutlich: Man stimmt weder zusammen mit Faschist*innen, noch verlässt man sich auf ihre Stimmen, um Mehrheiten zu erreichen. Niemals! Auch nicht, und erst recht nicht, um undurchdachte Ideen zur Migration durchzusetzen!
Ihr Kanzlerkandidat Friedrich Merz behauptete 2018, als er für den Parteivorsitz kandidierte, er würde den Stimmenanteil der AfD halbieren. Danach wiederholte er immer wieder, wie stabil die Brandmauer zur AfD sei. Jetzt bringt er sehenden Auges Anträge in den Bundestag ein, bei denen klar ist, dass die AfD zustimmen wird – weil Hetze gegen Migrant*innen und mehr Abschiebungen eben genau ihre Politik sind. Das alles nützt nur der AfD, das sollten Sie wissen.
Diese Pläne, die Ihnen so wichtig sind, beinhalten Vorschläge, die von vielen Expert*innen als nicht vereinbar mit Grundgesetz und mit europäischem Recht gesehen werden. Sie liefern sich einen Wettlauf mit der AfD, wer noch härter gegen Menschen mit internationaler Familiengeschichte vorgehen kann, und verunsichern damit Millionen hier friedlich lebender Menschen. Das alles verhindert auch keine schlimmen Vorfälle wie den in Aschaffenburg. Um da wirklich etwas zu erreichen, wäre ein verbesserter Zugang zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung für alle Menschen – und eben auch für traumatisierte Migrant*innen mit psychischen Erkrankungen – wahrscheinlich sehr viel wirksamer.
Herr Haldenwang, Ihre Äußerungen zu den Vorgängen zeigen, dass Sie Friedrich Merz auf seinem Irrweg folgen. Mit Ihrer großen Expertise zur AfD müssten Sie es doch eigentlich besser wissen. Bitte besinnen Sie sich auf Ihr Wissen um die Gefahr, die durch diese Partei ausgeht und handeln Sie entsprechend.
* Quelle: www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/extremismus-haldenwang-herausforderungen-104.html